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Allgemeiner Überblick zum Zwangsvollstreckungsrecht

 

I. In der AG werden behandelt:

 

 - Zwangsvolltreckungsrecht (Schwerpunkt);

 - Arrest und einstweilige Verfügung;

 - die Anwaltsklausur.

 

Bitte bringen Sie zur AG immer den Thomas/Putzo mit.

 

II. Literatur:

Aktuelle Lehrbücher zum Zwangsvollstreckungsrecht gibt es u.a. von Baur/Stürner, Brox/Walker, Rosenberg/Gaul/Schilken, Lackmann und Jauernig. Hilfreich können auch die bekannten Skripte sein (z.B. Alpmann in zwei Bänden). Fragen und Antworten (zur Wiederholung und zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung gut geeignet) finden sich z.B. bei Zimmermann, ZPO-Fallrepetitorium.

 

III.

Zur Erinnerung: In jüngerer Zeit sind einige das 8. Buch der ZPO betreffende Gesetzesänderungen in Kraft getreten. Insbesondere hat die 2. Zwangsvollstreckungsnovelle zum 1. Januar 1999 einige wesentliche Änderungen des Zwangsvollstreckungsrechts gebracht. Diese betreffen u.a. die §§ 708 Nr. 11, 752, 756, 758a, 765, 765a, 775 Nr. 5, 788, 794 Nr. 5, 806b, 807, 811, 813a, 813b, 825, 828, 829, 833, 836, 866, 867, 885, 891, 899 ff. ZPO. Ferner gilt seit dem 1. Januar 1999 das neue Anfechtungsgesetz (AnfG). Die Änderungen des Zwangsvollstreckungsrechts durch das zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Zivilprozeßreformgesetz sind demgegenüber eher geringfügig. Neben einigen eine Anpassung an die neuen bzw. geänderten §§ 128 Abs. 4, 321a und 620 ZPO mit sich bringenden Änderungen und dem Wegfall des § 793 Abs. 2 ZPO ist für die Bearbeitung von Klausuren insbesondere auf die Änderungen in den §§ 709 und 711 ZPO hinzuweisen. Nach § 709 Satz 2 ZPO n.F. genügt es nunmehr (entsprechend einer auch schon zuvor in einigen Bundesländern, insbesondere Berlin, verbreiteten Übung), soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, im Urteilstenor die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages anzugeben. Beispiel für den Fall der vollständigen Stattgabe einer Klage:

 

“Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar”.

 

Nach § 711 Satz 2 ZPO n.F. gilt dies im Fall der Abwendungsbefugnis (§ 711 Satz 1 ZPO) entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, daß Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist . Beispiel für den Fall der vollständigen Klageabweisung:

 

“Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet” (a.A. offenbar Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 711 Rn. 5, bei dessen Beispiel die Differenzierung in § 711 Satz 2 ZPO gegenüber § 709 Satz 2 ZPO m.E. nicht hinreichend zum Ausdruck kommt).

 

Bei der Verfassung des Urteilstenors wird aber selbst im Fall der Vollstreckung wegen einer Geldforderung auch künftig zumindest insoweit zu rechnen sein, als dies als Vorarbeit notwendig ist, um im Hinblick auf § 708 Nr. 11, 2. Alt. ZPO bestimmen zu können, ob die Entscheidung über die Kosten eine Vollstreckung von mehr als 1.500,- EUR ermöglicht (dann folgt die Vollstreckbarkeitsentscheidung, wenn nicht § 713 ZPO einschlägig ist, insoweit aus
§ 709 ZPO) oder nicht (dann §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO).

 

IV.

Einzelvollstreckung              -           Gesamtvollstreckung

einzelne Vermögensstücke                  gesamtes Schuldnervermögen

ZPO, ZVG                                         InsO (früher: KO, GesO)

 

V. Aufbau des 8. Buchs der ZPO (§§ 704 – 945): vgl. Übersicht 1

Zusätzlich sind im 8. Buch auch Arrest und einstweilige Verfügung geregelt (§§ 916-945 ZPO), die – mit Ausnahme der Vollziehungsvorschriften – aber systematisch zum Erkenntnisverfahren gehören.

 

VI. Vollstreckungsorgane:

 

    1) Gerichtsvollzieher (§ 154 f. GVG) führt im wesentlichen Fahrnis- (§ 808 ZPO) und Herausgabevollstreckung (§§ 883-885, 897 ZPO) durch, vgl. § 753 ZPO.

 

    2) Vollstreckungsgericht ist im wesentlichen zuständig für Forderungsvollstreckung
    (§§ 828 ff., 857 ZPO), ZV in das unbewegliche Vermögen nach dem ZVG und das Verteilungsverfahren (§§ 872 ff. ZPO)
    . Tätig wird in der Regel der Rechtspfleger (§§ 3 Nr. 3a, 20 Nr. 17 RPflG).

 

    3) Prozeßgericht erster Instanz ist ausschließlich (§ 802 ZPO) zuständig für Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungsvollstreckung (§§ 887, 888, 890 ZPO). Es entscheidet der Richter, nicht der Rechtspfleger.

 

    4) Grundbuchamt ist in der Immobiliarvollstreckung für die Eintragung einer Zwangshypothek (§ 867 ZPO) zuständig.

 

VII.

Klausurrelevant werden die Probleme des Zwangsvollstreckungsrechts im Rahmen der verschiedenen vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe, die in Teil B im einzelnen erörtert werden. Rechtsbehelfe gibt es bereits in dem der eigentlichen ZV vorgeschalteten Klauselverfahren. Sie können sich aber auch gegen die Zwangsvollstreckung selbst richten, wobei bestimmte Rechtsbehelfe gegen Verfahrensfehler und andere gegen die Verletzung materiellen Rechts vorgesehen sind (wichtige und klausurrelevante Unterscheidung).

 

VIII. Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung

 

1) Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen

– in der Klausur zunächst nur gedanklich durchgehen; (kurze!) schriftliche Ausführungen sind in der Regel nur zu Antrag und Zuständigkeit erforderlich, wenn nicht der Fall zur Prüfung und Erörterung der übrigen Voraussetzungen Anlaß gibt –

 

 a) Antrag

 b) Zuständigkeit

 c) Deutsche Gerichtsbarkeit

 d) Zulässigkeit des Rechtswegs

 e) Parteifähigkeit

 f) Prozeßfähigkeit

 g) Prozeßführungsbefugnis

 h) Rechtsschutzinteresse

 

2) Allgemeine Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung

    (Titel, Klausel, Zustellung)

 

    a) Titel

 

      aa) Endurteile (§ 704 Abs. 1 ZPO), wenn sie formell rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt worden sind;

      bb) Vollstreckungsbescheide (§§ 794 Abs. 1 Nr. 4, 699 ZPO);

      cc) Prozeßvergleiche (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO);

      dd) Arreste und einstweilige Verfügungen (§§ 928, 936 ZPO);

      ee) Anwaltsvergleiche (§ 796a ZPO);

      ff) vollstreckbare Urkunden (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO);

      gg) Kostenfestsetzungsbeschlüsse (§ 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO);

      hh) u.a. (vgl. z.B. T/P vor 704/15).

     

    Wichtig: Jeder Titel, aus dem vollstreckt werden soll, muß einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben, d.h. Inhalt, Umfang und Parteien der ZV festlegen. Daran kann es aus verschiedenen Gründen fehlen: Nur Leistungsurteile, nicht aber Feststellungs- und Gestaltungsurteile haben einen vollstreckungsfähigen Inhalt (Tenor zur Hauptsache); auch kann der “verunglückte” Tenor eines Leistungsurteils u.U. ganz oder teilweise nicht vollstreckungsfähig sein, soweit eine Auslegung aus dem Titel selbst heraus nicht weiter führt, z.B.: “Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zwei Stühle und einen Tisch herauszugeben” (welche?) oder: “Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 500,- EUR nebst 4% Zinsen zu zahlen” (Zinsbeginn?) oder: “Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 500,- EUR nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen” (Eintritt der Rechtshängigkeit?). Näheres bei T/P, vor 704/16 ff.

 

    b) Klausel (§§ 724 ff. ZPO)

 

    Das Original des Titels bleibt bei der Gerichtsakte (z.B. Urteil, eV, KFB, Vergleich) oder der Urkundenrolle des Notars (vollstreckbare Urkunde); der Gläubiger benötigt deshalb zur Durchführung der ZV eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels, d.h. eine Ausfertigung, auf die das zuständige Organ die Vollstreckungsklausel (amtliches Zeugnis der Vollstreckbarkeit des Titels) setzt. Diese kann z.B. lauten: “Vorstehende Ausfertigung wird dem Kläger zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt” (§ 725 ZPO).

     

    Erforderlich ist die Klausel grundsätzlich bei jedem Titel. Es gibt jedoch bedeutsame Ausnahmen, z.B.:

      - Vollstreckungsbescheide (§ 796 ZPO), wo Klausel nur bei Titelumschreibung notwendig ist;

      - Arreste und einstweilige Verfügungen (§§ 929 Abs. 1, 936 ZPO), wo Klausel ebenfalls nur bei Umschreibung notwendig ist;

      - direkt auf den Titel gesetzte Kostenfestsetzungsbeschlüsse (§§ 795a, 105 ZPO).

 

    Zu unterscheiden sind:

      aa) einfache Klausel (§ 724 ZPO); wird vom Urkundesbeamten der Geschäftsstelle erteilt (bei § 797 Abs. 2 ZPO: vom verwahrenden Notar)

       

      bb) qualifizierte Klausel; wird vom Rechtspfleger erteilt; Nachweis der besonderen Voraussetzungen ist durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu erbringen (Ausnahme: § 727 Abs. 2 ZPO); wenn das nicht geht, muß Klage nach § 731 ZPO erhoben werden. Qualifizierte Klauseln sind:

       

        aaa) titelergänzende Klausel (§ 726 ZPO)

       

        bbb) titelumschreibende Klausel (§§ 727-729 ZPO) bei

             - Rechtsnachfolge (§ 727 ZPO)

             - Nacherbfolge (§ 728 Abs. 1 ZPO)

             - Testamentsvollstreckung (§ 728 Abs. 2 ZPO)

             - Vermögensübernahme (§ 729 Abs. 1 ZPO)

             - Firmenübernahme (§ 729 Abs. 2 ZPO)

       

      c) Zustellung

      Zuzustellen ist nach § 750 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur der Titel, bei qualifizierten Klauseln wegen der besonderen Voraussetzungen gemäß § 750 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise auch die Klausel (Gegenausnahme in
      §§ 799-800a ZPO).

     

      Zustellungsempfänger ist der Schuldner oder sein gesetzlicher Vertreter; Ersatzzustellung ist zulässig. Die Vollstreckung darf grundsätzlich gleichzeitig mit der Zustellung beginnen (Ausnahmen aus Gründen des Schuldnerschutzes:
      §§ 798, 750 Abs. 3 ZPO).

     

      Wichtig: Zustellungsmängel machen die nachfolgenden Vollstreckungsakte nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar (Erinnerung gemäß § 766 ZPO).

 

 

3) Besondere Vollstreckungsvoraussetzungen

sind solche, die im Klauselerteilungsverfahren noch nicht geprüft worden sind und zu Beginn der ZV vom Vollstreckungsorgan festgestellt werden müssen:

 

    a) Eintritt eines Kalendertages (§ 751 Abs. 1 ZPO)

 

    Voraussetzung für den Beginn der Vollstreckung ist der Ablauf des Kalendertages.

     

    - ausreichend z.B.: “2 Wochen nach Karfreitag des Jahres 2000”;

    - str.: “2 Wochen nach Zustellung” (dafür spricht, daß das Vollstreckungsorgan die Zustellung ohnehin zu prüfen hat; so z.B. auch Musielak, ZPO, § 751 Rn. 3; dagegen allerdings Zöller/Stöber, ZPO, 21. Aufl., § 751 Rn. 2)

    - nicht ausreichend, so daß titelergänzende Klausel notwendig: “2 Wochen nach Rechtskraft”.

     

    Praktische Beispiele sind etwa Urteile auf künftige Leistung (§§ 257-259 ZPO), Ratenzahlungsvergleiche, Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO.

     

    b) Nachweis der Sicherheitsleistung (§ 751 Abs. 2 ZPO)

     

    Praktisch wichtiger Regelfall: Nach § 709 Satz 1 ZPO gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärte Urteile. Die Klausel wird hier ohne den Nachweis der Sicherheit erteilt (vgl. § 726 ZPO). Daher muß – wenn nicht das Urteil mittlerweile rechtskräftig und die Rechtskraft nachgewiesen ist – bei Beginn der Vollstreckung die Sicherheit durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen und eine Abschrift der Urkunde dem Schuldner zugestellt werden (§ 751 Abs. 2 ZPO). Ausnahme für Zahlungsurteile: § 720a ZPO (Sicherungsvollstreckung; führt nicht zur Befriedigung des Gläubigers; Befriedigung erst nach Leistung der Sicherheit).

     

    Für die Art der Sicherheit gilt § 108 ZPO. Nach dessen alter Fassung war die Sicherheit grundsätzlich durch Hinterlegung nach der HinterlO zu leisten. Das Gericht konnte aber nach § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. eine andere Art der Sicherheitsleistung, etwa durch Bankbürgschaft, zulassen. Nach § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO n.F. steht die Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft (als schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts) nunmehr als gesetzlicher Regelfall gleichberechtigt neben der Sicherheitsleistung durch Hinterlegung. Es bedarf also keines gesonderten Ausspruchs im Urteilstenor mehr, um diese Art der Sicherheitsleistung zuzulassen.

 

    Bei der Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft ist u.a. folgendes zu beachten:

     

    aa) Gläubiger aus dem Bürgschaftsvertrag mit der Bank ist der Vollstreckungsschuldner, dem gegenüber die Sicherheit erbracht wird. Der Vollstreckungsschuldner soll nun aber nicht durch seine Weigerung, mit der Bank einen derartigen Bürgschaftsvertrag abzuschließen, die Vollstreckung verhindern können. Die Rechtsprechung hat deshalb zur alten Fassung des § 108 ZPO die Theorie des “Zwangsvertrages” (bereits die Wortwahl dokumentiert die dogmatische Problematik) entwickelt: Da es nach dem Zweck, eine Vollstreckung nach Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zuzulassen, auf den Willen des Vollstreckungsschuldners nicht ankommen dürfe, werde dessen Annahme der Bürgschaftserklärung durch die gerichtliche Anordnung, die Bürgschaft als Sicherungsmittel zuzulassen, ersetzt. Der Vertrag komme also bereits durch die Zustellung der Bürgschaftserklärung zustande (vgl. OLG Hamm MDR 1975, 763; Brox/Walker a.a.O., Rn. 168; T/P 108/13). An diesem Ergebnis dürfte sich durch die nunmehr bereits kraft Gesetzes angeordnete Zulassung der Bürgschaft als Sicherungsmittel nichts ändern.

     

    bb) Problematisch ist auch, wie bei der Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft der gemäß § 751 Abs. 2 ZPO erforderliche Nachweis der Sicherheitsleistung zu führen ist. Die Bürgschaftserklärung muß zwar – auch unter Kaufleuten entgegen § 350 HGB – die Schriftform einhalten. Sie ist aber keine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde. Dies ist aber nach h.M. auch nicht notwendig, da § 751 Abs. 2 ZPO nur die Form des Nachweises, nicht diejenige der Bürgschaftserklärung oder des Zustandekommens des Bürgschaftsvertrages regelt (vgl. Zöller a.a.O., § 751 Rn. 6; T/P 751/6). Führt der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung durch und übergibt dieser zu Beginn der ZV selbst die Bürgschaftserklärung oder stellt diese zu, so erübrigt sich aufgrund des eigenen Mitwirkens des Gerichtsvollziehers nach h.M. sogar der Nachweis durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde (nachzuweisen wäre ja gerade gegenüber dem Gerichtsvollzieher; vgl. Zöller a.a.O., § 751 Rn. 6; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 4. Aufl., Rn. 169; Musielak a.a.O., § 751 Rn. 7). Soll ein anderes Volltsreckungsorgan die Vollstreckung durchführen oder ist der Bürgschaftsvertrag bereits vor Beginn der ZV zustandegekommen, so ist die öffentliche oder öffentlich beglaubigte Form für die Zustellung oder Übergabe der Bürgschaftserklärung erforderlich; es genügt insoweit die Zustellungsurkunde als öffentliche Urkunde. Bei einer Zustellung im Anwaltsbetrieb reicht nach h.M. das Empfangsbekenntnis gemäß § 198 ZPO (bzw. § 195 in der ab dem 1. Juli 2002 geltenden Fassung der Zustellungsvorschriften der ZPO; vgl. T/P 751/6). Eine Zustellung dieser Nachweisurkunde (ZU oder EB) ist nach h.M. entgegen dem Wortlaut des § 751 Abs. 2 ZPO entbehrlich (vgl. Zöller a.a.O., § 751 Rn. 6; Musielak a.a.O., § 751 Rn. 1; Brox/Walker a.a.O., Rn. 169), da sie unnötigen Formalismus darstellen würde und der Gesetzgeber § 751 Abs. 2 ZPO, nachdem erst im Jahr 1924 die Sicherheitsleistung durch Bürgschaftserklärung ermöglicht wurde, nicht angepaßt hat.

     

    c) Nachweis der Erfüllung oder des Annahmeverzuges bei einem Titel auf Leistung Zug um Zug (§§ 756, 765 ZPO)

     

    Nicht hierher gehört der Sonderfall der Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung Zug um Zug gegen eine Gläubigerleistung (vgl. §§ 726 Abs. 2, 894 Abs. 1 Satz 2 ZPO) –

     

    Zu unterscheiden ist zwischen einer ZV durch den Gerichtsvollzieher (es gilt § 756 ZPO) und einer solchen durch die anderen Vollstreckungsorgane (§ 765 ZPO).

     

      aa) Tatsächliches Angebot der Leistung durch den Gerichtsvollzieher (§ 756 Abs. 1 ZPO)

     

      Nimmt der Schuldner die Gegenleistung an, darf der Gerichtsvollzieher mit der ZV beginnen.

     

      Nimmt der Schuldner die Gegenleistung nicht an, hat der GV zu prüfen, ob nunmehr Annahmeverzug des Schuldners vorliegt. Nur in diesem Fall darf er mit der Vollstreckung beginnen. Der GV hat insbesondere zu prüfen, ob die angebotene Gegenleistung richtig und vollständig ist. Notfalls hat er einen Sachverständigen hinzuzuziehen.

     

      bb) Wörtliches Angebot (§ 756 Abs. 2 ZPO)

     

      Nach der seit 1. Januar 1999 geltenden Neufassung der §§ 756, 765 ZPO reicht nunmehr auch die Ablehnung eines wörtlichen Angebots des GV.

     

      cc) Nachweis der Befriedigung oder des Annahmeverzuges durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden (§§ 756 Abs. 1 a.E., 765 Nr. 1 ZPO)

     

      Der Nachweis der Befriedigung kann etwa durch eine notariell beglaubigte Quittung geführt werden. Problematischer ist u.U. der Nachweis des Annahmeverzuges: Dieser kann zwar durch das Urteil selbst geführt werden, aber nach h.M. nur dann, wenn er sich daraus in “liquider Form” ergibt (BGH NJW 1982, 1048; Musielak a.a.O., § 756 Rn. 10). Nicht ausreichend dürfte insoweit sein, daß der Schuldner ausweislich des Urteilstatbestandes dem Zug-um-Zug-Antrag des Gläubigers mit einem Klageabweisungsantrag entgegengetreten ist (T/P 756/9). Vielmehr muß der Eintritt des Annahmeverzuges für das Vollstreckungsorgan aus dem Urteil ohne weiteres erkennbar sein. Empfehlenswert für den Anwalt des Gläubigers ist es deshalb, bereits im Erkenntnisverfahren in Bezug auf den Annahmeverzug des Schuldners einen Feststellungsantrag zu stellen, damit im Urteilstenor der Annahmeverzug des Schuldners in für die Vollstreckung unzweifelhafter Weise festgestellt werden kann.

     

 

4) Allgemeine Vollstreckungshindernisse

sind vom Vollstreckungsorgan nur zu beachten, wenn sie ihm nachgewiesen werden oder dienstlich zu seiner Kenntnis gelangen. Die Nichtbeachtung der Hindernisse macht die Vollstreckung nicht nichtig, sondern nur anfechtbar (§ 766 ZPO). Es handelt sich um:

     

    a) Allgemeine Vollstreckungshindernisse nach § 775 ZPO

     

    § 775 Nr. 1 ZPO betrifft die vollstreckungshindernden Entscheidungen: z.B. Berufungsurteil, das das der Klage stattgebende Urteil, aus dem vollstreckt werden soll, abändert und die Klage abweist; Urteil, das die ZV für unzulässig erklärt (etwa auf Vollstreckungsgegenklage oder Drittwiderspruchsklage); Beschluß nach § 766 ZPO, der die ZV – nicht nur einstweilig, sondern endgültig – einstellt.

     

    § 775 Nr. 2 ZPO betrifft

      - Fälle der einstweiligen Einstellung der ZV oder einzelner Vollstreckungsmaßnahmen, z.B. die praktisch wichtigen einstweiligen Einstellungen nach §§ 707, 719, 769 ZPO, ferner solche nach §§ 770 und 765a ZPO oder einstweilige Einstellungen nach § 766 ZPO sowie

      - Fälle der Gestattung der Fortsetzung der ZV nur gegen Sicherheitsleistung, z.B. nach Vollstreckungsgegenklage Anordnung nach § 769 ZPO.

       

    § 775 Nr. 3 ZPO betrifft Fälle der Abwendungsbefugnis, z.B. gemäß § 711 ZPO, aber auch nach § 712 Abs. 1 oder § 720a Abs. 3 ZPO.

     

    § 775 Nr. 4 ZPO betrifft Fälle des Nachweises der nach Erlaß des Titels erfolgten Befriedigung des Gläubigers und der nach Erlaß des Titels gewährten Stundung.

     

    § 775 Nr. 5 ZPO betrifft Fälle des Nachweises der Einzahlung oder Überweisung des geschuldeten Betrages an den Gläubiger.

     

    b) Nach der h.M. im Schrifttum: vollstreckungsbeschränkende Vereinbarungen

     

    Hierzu näher T/P 766/24 ff.: Es handelt sich um Vereinbarungen der Parteien über Einschränkung oder Ausschluß der Vollstreckung selbst (also nicht des titulierten Anspruchs). Streitig ist, ob bereits das Vollstreckungsorgan eine ihm nachgewiesene Vollstreckungsvereinbarung beachten muß und gegen die Nichtbeachtung die Erinnerung nach § 766 ZPO statthaft ist (so z.B. Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, 21. Aufl., § 1 VI 3 b; die Erinnerung zumindest auch für zulässig halten etwa T/P 766/26, Zöller a.a.O., vor § 704 Rn. 25, Brox/Walker a.a.O., Rn. 204 und Musielak a.a.O., § 766 Rn. 7) oder das Vollstreckungsorgan derartige Verstöße nicht zu berücksichtigen hat und der Verstoß gegen die Vereinbarung mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) geltend zu machen ist (so z.B. BGH NJW 1968, 700; NJW 1991, 2295, 2296).

     

    c) Insolvenzverfahren (§ 89 InsO)

     

    Während der Dauer des Insolvenzverfahrens ist für Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) die Zwangsvollstreckung gem. § 89 InsO weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig. Gem. § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO kann ein Vollstreckungsverbot als Sicherungsmittel schon nach Eingang des Insolvenzantrags mit der Wirkung des § 89 InsO angeordnet werden.

 

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